Sie nannte sich Susan, und sie war in dem kleinen Etablissement im niedersächsischen Oldenburg die Königin der Nacht. Sie lehnte missliebige Freier einfach ab. Franzi, der Bordellbesitzer, hätte Susans Kolleginnen so etwas nie durchgehen lassen. Aber die schlanke Schönheit mit den langen braunen Haaren genoss Sonderrechte: Sie brachte den meisten Umsatz. Die Männer, die sie bediente, mussten pro Stunde Mark bezahlen, Extras extra. In schlechten Nächten hatte Susan drei Freier, in besseren sieben. Die Hälfte des Lohns behielt Franzi, wie das so üblich ist in deutschen Puffs; die andere Hälfte steckte Susans Freund Orhan ein. Als aber Susan nicht mehr spurte und geschlagen wurde, türmte sie ins Oldenburger Frauenhaus. Die Königin der Nacht, die vier Jahre lang Monat für Monat mehr als 20 Mark im Bordell abgeliefert b188 huren, wurde über Nacht zum Sozialfall. Dieser Absturz sei »für die Szene geradezu klassisch«, sagt Detlef Ubben, Milieu-Fahnder im Hamburger Landeskriminalamt. Vor allem b188 huren Huren gerieten »oft b188 huren Liebe ins Milieu«. Von Zuhältern, die sie für ihren Freund hielten, würden sie »ausgequetscht wie eine Zitrone«. Aussteiger stünden meist »vor dem Nichts«. Dieses Schicksal kann, wenn es nach dem Willen der rot-grünen Koalition geht, Prostituierten künftig erspart bleiben. An diesem Dienstag sollen die Fraktionen von SPD und Grünen einem Gesetzentwurf »zur rechtlichen Besserstellung der Prostituierten« zustimmen, der nach eineinhalb Jahren zäher Diskussion endlich eine interfraktionelle Arbeitsgruppe passiert hat. Bei den Grünen wird der Entwurf wohl glatt durchgehen, in der SPD gibt es, so ein Kabinettsmitglied, noch »Unwägbarkeiten«. Trotzdem: Die Chancen stehen gut, bereits am Freitag könnte der Bundestag in erster Lesung darüber b188 huren, ob. Würde die rot-grüne Idee zum Gesetz, könnten Huren, Callboys und Stricher Zugang zur Kranken- Renten- Arbeitslosenund Pflegeversicherung erhalten; auch staatlich finanzierte Umschulungen dürften sie dann in Anspruch nehmen. Der Gesetzentwurf zielt auf ein Problem von beachtlicher Dimension. Immerhin leben laut Bundeskriminalamt gut Frauen vom Liebeslohn - weit mehr als es Krankenhaus-Ärzte gibt. Nach Schätzungen von Hurenorganisationen sind es sogar Jeder vierte Mann, so eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, räumt Kontakt zu Prostituierten ein - und hilft mit, der Branche mit einem Jahresumsatz von etwa 12,5 Milliarden Mark die Wirtschaftskraft von Unternehmen wie SAP oder Adidas zu bescheren. Der Staat profitiert mit schwer zu überbietender Bigotterie vom Boom dieser Schattenwirtschaft. B188 huren, Länder und Kommunen kassieren Steuern bei Bordellwirten und Vermietern; auch Prostituierte sind steuerpflichtig. Gleichzeitig verwehrt der Staat ihnen den Zutritt zur Sozialversicherung. Vor allem die Krankenversicherer, die mit dieser Begründung Huren aussperren, animieren viele Sex-Dienstleisterinnen zur Mogelei. Petra, 31, die in ihrem Wohnmobil an der B zwischen Hannover und Gifhorn auf Freier wartet, arbeitet offiziell als »Hausangestellte« und zahlt Beiträge an die AOK. Carmen, 44, die im Münchner »Leierkasten« schuftet, ist als »Hausfrau« über ihren Ehemann versichert. Fliegt der Schwindel auf, droht eine Anklage wegen Betrugs. Die Rechtslage im Milieu ist »so verwirrend wie absurd«, sagt der Erfurter Rechtsanwalt Peter Winterhoff. Mit Kollegen und Huren will der Jurist jetzt einen Berufsverband für Prostituierte gründen, der sie rechtlich beraten und ein Versorgungswerk zur Alterssicherung einrichten soll. Nicht nur die rot-grüne Koalition will den B188 huren brechen, mit dem das Sexgeschäft von Staats wegen belegt ist. Mehr als zwei Drittel der Befragten plädierten in einer Dimap-Meinungsumfrage dafür, dass »Prostitution ein anerkannter Beruf mit Steuer- und Sozialversicherungspflicht« wird. Aber genau damit tun sich SPD und Grüne schwer. Zwar soll die Sittenwidrigkeit »aus der Welt geschafft« werden, wie Familienministerin Christine Bergmann SPD im SPIEGEL-Interview ankündigt. Doch die SPD schreckt vor einer Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs BGB zurück, wie sie etwa die Grünen, die PDS und Ursula Nelles, Vorsitzende des Deutschen Juristinnenbundes, gefordert haben. Der Gesetzgeber, so Nelles, müsste lediglich b188 huren BGB-Paragrafen ergänzen, wonach sittenwidrige Verträge nichtig sind. Denkbarer Zusatz: »Verträge über erlaubte Prostitution sind nicht sittenwidrig«. Das würde möglicherweise dazu führen, so fürchten Genossen, dass Prostituierte vertraglich zu bestimmten Praktiken gezwungen werden könnten oder ausstiegswillige Frauen lange Kündigungsfristen einhalten müssten. Stattdessen ist im Gesetzentwurf davon die Rede, dass der Deal zwischen Freier und Prostituierter »rechtswirksam und einklagbar« ist - im Umkehrschluss also nicht sittenwidrig sein kann. Unklar bleibt aber, wie weit die Weisungsbefugnis von Bordellbesitzern reichen soll.
Ihre Heimat zu verlassen, fiel ihr schwer. Sie beschloss daher, einen Film zu drehen. Von Nicolai Franz. Ihre Nachricht an die Redaktion. Diese Frauen würden ihr Geld »leider auch in Zukunft lieber schwarz verdienen wollen, als es zu versteuern«.
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